Ü4 Ethische Prinzipien

Gute Beratung verpflichtet sich auf ethische Prinzipien und wahrt die Rechte der Ratsuchenden.

Die Beratenden ...

Ü4 BER1

verpflichten sich auf anerkannte ethische Standards für Beratung, die von verschiedenen nationalen und internationalen Beraterverbänden entwickelt und etabliert wurden und die nicht im Widerspruch zu den hier dargestellten Standards stehen. Dazu gehören u. a. folgende Prinzipien:

  • die Anerkennung von Bildung und Arbeit als für Menschen wichtige und sinnstiftende Lebensbereiche zu fördern,

  • Ratsuchende zu ermutigen und ihnen kein Leid zuzufügen,

  • Diversität der Ratsuchenden zu achten und wertschätzend aufzugreifen,

  • die Daten der Ratsuchenden vertraulich zu behandeln und die Erfordernisse des Datenschutzes einzuhalten,

  • die Ratsuchenden angemessen über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären,

  • als „Anwalt“ der Ratsuchenden für deren Belange auch in übergreifenden Zusammenhängen einzutreten,

  • aus der Beratung gewonnene Erkenntnisse an geeignete Stellen weiterzugeben, um ggf. erforderliche organisationale oder gesellschaftliche Veränderungen/Verbesserungen zu bewirken,

  • die wissenschaftliche und ethische Rechtfertigung ihres Handelns zu reflektieren.

Was ist hier wichtig?

Die in Ü4 aufgelisteten ethischen Prinzipien sind nur eine Auswahl aus der Vielfalt der existierenden Ethik- Kataloge und Ethik-Kodexe, die von den professionellen Verbänden in Deutschland und weltweit entwickelt wurden. Der umfassendste und weltweit anerkannte Ethik-Kodex wurde von der Internationalen Vereinigung für Bildungs- und Berufsberatung entwickelt  (deutsche Fassung auf www iaevg.org) und bildet die Grundlage vieler weiterer nationaler und internationaler Ethik-Kataloge. Er gliedert sich in fünf Bereiche:

  • Ethische Verantwortung gegenüber Ratsuchenden,

  • Verhalten gegenüber Kollegen und Geschäftspartnern

  • Verhalten gegenüber Regierungen und anderen öffentlichen Institutionen,

  • Pflichten gegenüber Forschung und verwandten Aufgaben,

  • Pflichten als Bildungs- und Berufsberater.

Diese fünf Bereiche sind jeweils in eine Vielzahl von Einzelstandards ausdifferenziert, die die Anforderungen an das ethische Verhalten von Beratenden beschreiben.


In Deutschland liegen für den Bereich der BBB-Beratung ethische Standards u.a. von folgenden Verbänden vor, die alle  eine hohe Übereinstimmung mit den IAEVG-Standards aufweisen:

  • Deutscher Verband für Bildungs- und Berufsberatung (dvb),

  • Deutsche Gesellschaft für Beratung (DGfB),

  • Deutscher Bundesverband Coaching /DBVC,

  • Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung


Zuweilen erscheinen ethische Standards auch unter den Bezeichnungen „Professionelle Standards“ oder "Professionelle Kompetenzen“, oder sie sind in Kompetenzprofilen enthalten.

Nicht selten impliziert die Mitgliedschaft in einem professionellen Verband auch die Anerkennung der ethischen Standards dieses Verbandes. Manche Zertifizierungsverfahren fordern ebenfalls ein Bekenntnis des/der Beratenden oder der Organisation zu den ethischen Standards (z.B. das Zertifikat der IAEVG).  

Zu beachten sind darüber hinaus  vor allem auch relevante übergreifende Gesetze mit entsprechenden Ethischen Standards (Grundgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Bundesdatenschutzgesetz etc.) sowie feld- und bereichsspezifische Gesetze (Sozialgesetzbücher, UN-Behindertenrechtskonvention etc.). 

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Ratsuchende sollten angemessen über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden. Dies hat besondere Relevanz im Kontext von Beratungen, bei denen Nicht-Beachtung der Pflichten besondere Konsequenzen nach sich zieht (siehe auch Ü2), z.B.:

  • Verpflichtende Beratung bei Langzeitstudierenden vor Exmatrikulation

  • Mitwirkungspflichten der Ratsuchenden in der Berufsberatung der Agentur für Arbeit (SGB III)

  • Leistungskürzungen/-entzug bei (Langzeit-)Arbeitslosen wegen Meldeversäumnissen/ fehlender Mitwirkung/ Nichtannahme eines zumutbaren Jobangebots (SGB II).

 

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

  • Effektives Beschwerdemanagement

  • Anonyme Befragungen

  • Dokumentation der Beratungsergebnisse

  • Ggf. eingeleitete Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung

  • Nachweis von Handlungs-Reflexion der Beratenden (z.B. durch kollegiale Beratungen, Hospitationen, Selbst-Evaluation oder Supervision)

Die Führung der Beratungsorganisation ...

Ü4 ORG1

verpflichtet sich im Einvernehmen mit den Beratenden in ihrer Organisation auf anerkannte ethische Standards und vertritt diese öffentlich.

Ü4 ORG2 

gewährleistet, dass die Aus- und Weiterbildung ihrer Beratenden auch ethische Prinzipien und die gesetzlichen Rechte von Ratsuchenden umfasst.

Ü4 ORG3 

stellt sicher, dass Ratsuchende eine (unabhängige) Instanz einschalten können, wenn ethische oder rechtliche Prinzipien verletzt sein könnten.

Was ist hier wichtig?

Die ethischen Standards, an denen sich die Beratungsorganisation orientiert, werden so transparent gemacht, dass sie den Ratsuchenden und auch den Beratenden sowohl im Vorfeld der Beratung wie auch während der Beratung selbst präsent sind.

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Dies gilt in allen Beratungskontexten und -settings.

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

  • Anhang zu Arbeits- und Beratungsverträgen

  • Leitbild des Beratungsanbieters

  • Plakate

  • Handouts

  • Veröffentlichung auf der Webseite des Beratungsanbieters

  • Zielgruppen-Analysen in Bezug auf typische Anliegen, Situationen und (Beratungs-) Bedarfe als Teil des Beratungskonzepts und Grundlage des Beratungsangebots

  • Entsprechende Geschäftsanweisungen an Beratende (z.B. Leitlinien zum Umgang mit Interessenskonflikten in Sanktionskontexten, siehe auch Ü2)

Die jeweils verantwortlichen politischen Akteure ...

Ü4 POL1

bekennen sich zu den in der Beratungsprofession anerkannten ethischen Standards für Beratung als handlungsleitende Maxime der Beratung in ihrem Zuständigkeitsbereich und vertreten sie öffentlich.

Ü4 POL2 

formulieren klare Vorgaben, welche rechtlichen Aspekte für Beratung bedeutsam sind und welche unabhängigen Stellen angerufen werden können, wenn Rechte oder ethische Prinzipien verletzt werden.

Was ist hier wichtig?

Auch politische Akteure müssen sich auf ethische Standards für die Beratung in BBB verpflichten und die Einhaltung dieser ethischer Prinzipien für die von ihnen verantwortete Bildungs- und Berufsberatung überprüfen.

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Gilt in allen Beratungsbereichen.

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

  • Relevante übergreifende Gesetze (Grundgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Bundesdatenschutzgesetz etc.)

  • Feld- und bereichsspezifische Gesetze (Sozialgesetzbücher, UN-Behindertenrechtskonvention etc.)

  • in für den jeweiligen Kontext handlungsleitenden Dokumenten (z.B. Gesetz, Verordnung, Policy-Statement), in welchen ein entsprechendes (gesellschaftspolitisches) Verständnis von Beratung in BBB vertreten/ bekräftigt bzw. entsprechende Vorgaben für die jeweilige Beratungspraxis definiert werden.