P2 Anliegensklärung

Gute Beratung ist ergebnisoffen und erfordert die gemeinsame Klärung der Erwartungen der Ratsuchenden an die Beratung sowie eine Verabredung über Ziel, Weg und angestrebte Ergebnisse des Beratungsprozesses.

Die Beratenden ...

P2 BER1

klären zu Beginn des Beratungsprozesses mit den Ratsuchenden deren Anliegen und Erwartungen und setzen diese in Beziehung zu den Unterstützungsmöglichkeiten des Beratungsangebots.

P2 BER2

verständigen sich mit den Ratsuchenden über die Ziele und das Vorgehen im Beratungsprozess sowie über die angestrebten Ergebnisse und sichern eine ergebnisoffene Vorgehensweise zu.

P2 BER3

überprüfen regelmäßig, ob und wie sich die Anliegen und Ziele der Ratsuchenden im Verlauf des Beratungsprozesses verändern.

Was ist hier wichtig?

Dieser Standard soll zum Ausdruck bringen, dass Beratung immer ziel- und ergebnisorientiert angelegt sein muss, dass sie aber gleichwohl ergebnisoffen sein muss. Ergebnisoffenheit bedeutet hier, dass Beraterinnen und Berater zwar spezifische Fragen, Informationen, Deutungen, Perspektiven in den Beratungsprozess einbringen und sie zusammen mit den Ratsuchenden Lösungen erarbeiten, es am Ende aber die Ratsuchenden allein sind, die Entscheidungen für ihre Handlungsproblematik treffen und verantworten.
Ergebnisoffenheit bedeutet auch, dass die erarbeitete Lösung/das Ergebnis nicht durch Vorgaben oder Organisation oder der Politik beeinflusst werden dürfen. Dies gilt vor allem auch in Sanktionskontexten (siehe auch Ü 2).  
Das wiederum bedeutet, dass der Kontext, in dem Beratung stattfindet, für die Ratsuchenden immer transparent sein muss (siehe auch Ü3).

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Dieser Standard gilt für alle Beratungen.

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

  • Beratungsniederschrift

  • Regelmäßige Ratsuchenden-Surveys, Feedbackbögen

  • Auswertung von Beschwerden

  • Hospitation, kollegiale Beratung

 

Die Führung der Beratungsorganisation ...

P2 ORG1

stellt auch bei entsprechenden gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich formaler Anforderungen an das Beratungsergebnis (z. B. Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung oder eines Maßnahmenplans) eine transparente, ergebnisoffene Vorgehensweise im Beratungsprozess sicher und macht keine Vorgaben in Bezug auf das inhaltliche Ergebnis der Beratung.

Was ist hier wichtig?

Die Sicherstellung der Ergebnisoffenheit kann insbesondere für solche Beratungsanbieter eine Herausforderung darstellen, die als Teil einer größeren Organisation auch andere als beratende Aufgaben mit bestimmten Zielen oder Vorgaben und gesetzlichen Regelungen haben. Beratungsanbieter müssen daher in ihren Medien und in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf die Objektivität und Neutralität ihrer Beratung ausdrücklich hinweisen.
Für die Beratenden muss es seitens der Organisation klare Hinweise und Hilfen geben, wie sie die Ergebnisoffenheit der Beratung herstellen können, und zwar auch in Sanktionskontexten (siehe auch Ü 2). Dabei gilt es bei bestimmten Beratungsanbietern zu unterscheiden zwischen formalen Anforderungen an das Beratungsergebnis aufgrund gesetzlicher oder institutioneller Vorgaben (z.B. Erfordernis der Erstellung einer Eingliederungsvereinbarung oder eines Aktionsplans) und dem substanziellen Inhalt des Beratungsergebnisses, das nicht vorgegeben sein darf.
Für den Erfolg der Beratung ist es wichtig, dass Ratsuchende über solche formalen Anforderungen, wenn sie existieren, aufgeklärt werden und ihnen aber gleichzeitig Ergebnisoffenheit zugesichert wird.

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Interessen- oder Zielkonflikte hinsichtlich der Ergebnisoffenheit  können u.a. in folgenden Fällen auftreten (siehe auch Ü 1 und Ü 2):

  • Bei Beratungen in Weiterbildungsorganisationen: Hier darf eine neutrale, trägerunabhängige „Weiterbildungsberatung“ nicht mit der „Verkaufsberatung“ eines Weiterbildungsanbieters verwechselt werden. Auch eine trägergebundene Einrichtung muss neutral und ergebnisoffen beraten.

  • Bei Outplacementberatungen darf das Vermittlungsziel nicht im Widerspruch zu den Interessen, Bedürfnissen und Fähigkeiten/Kompetenzen der Beschäftigten stehen.

  • Bei Maßnahmen und Beratungen von Jugendlichen zur Beruflichen Orientierung (z.B. durch Kammern, Wirtschafts- und Berufsverbände oder Krankenkassen und Versicherungen): Hier ist die Gefahr einer Berufslenkung zu beachten, damit nicht die Interessen der Nachwuchsgewinnung bestimmter Branchen die Objektivität und Neutralität und die Ergebnisoffenheit der Beratung beeinträchtigen.

 

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

  • Analyse der Beratungsniederschriften

  • Feedbackbögen, Beschwerden

  • Schriftliche Informationen des Beratungsanbieters über sein Beratungsangebot

  • Stichproben durch Verbraucherschützer oder andere Überprüfungsmethoden

 

Die jeweils verantwortlichen politischen Akteure ...

P2 POL1

erkennen den Grundsatz der Ergebnisoffenheit als konstitutives Element von Beratung an und richten ihre gesetzlichen Vorgaben und politischen Erwartungen daran aus.

Was ist hier wichtig?

Politische Akteure müssen über die Objektivität und Neutralität der von ihnen verantworteten oder geförderten Beratungsangebote für Bildung, Beruf und Beschäftigung wachen und dürfen nicht zulassen, dass diese zu Werbezwecken für bestimmte Branchen und Berufe missbraucht werden. Interessengeleitete Beratung muss deutlich gekennzeichnet werden. Es darf keine Steuerung des Arbeitsmarkts durch steuernde Beratung erfolgen. Das heißt allerdings nicht, dass BBB-Beratung nicht objektiv über die Beschäftigungslage und die Beschäftigungsperspektiven von Ausbildungsgängen und Berufen informieren muss.

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Regelungen, die die Objektivität, Neutralität und Ergebnisoffenheit von Beratung sicherstellen sollen, gibt es z.B. in SGB III § 289/290:  „Offenbarungspflicht“ bei möglichem Interessenkonflikt / Untersagung von Berufsberatung und gleichzeitiger gewerbsmäßiger Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung.

Wie kann die Erfüllung des Standards nachgewiesen werden?

Für den jeweiligen Kontext handlungsleitendes Dokument (z.B. Gesetz, Verordnung, Policy-Statement), in welchem ein entsprechendes (gesellschaftspolitisches) Verständnis von Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung vertreten/ bekräftigt bzw. entsprechende Vorgaben für die jeweilige Beratungspraxis definiert werden; z.B.

  • Leitlinien für Integrationsberatung

  • Leitlinien und gesetzliche Rahmenbedingungen für Berufsorientierende Beratungen an Schulen und Hochschulen